Die Veröffentlichung von Beiträgen und Fotos in Social Media Kanälen ist grundsätzlich Privatsache. Problematisch kann es allerdings werden, wenn Beiträge der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, die in einem direkten beruflichen Kontext stehen und Arbeitgebende eine Veröffentlichung nicht gestattet haben. Das sächsische Landesarbeitsgericht (LAG) hat mit Urteil vom 07.11.2022 entschieden, dass ein nicht erlaubtes Posten in den sozialen Medien von Bildern aus dem betrieblichen Bereich einen wichtigen Kündigungsgrund im Sinne des § 626 Absatz 1 BGB darstellt (LAG Sachsen Urteil vom 07.11.2022 – 4 Sa 34/21).
1. Der Fall
Ein bei einer Fluggesellschaft angestellter Pilot veröffentlichte Beiträge über seine berufliche Tätigkeit auf Instagram, Facebook, YouTube und TikTok und machte seinen Berufsalltag der Öffentlichkeit zugänglich. Er postet Fotos und Videos aus dem Cockpit und fotografierte sich in Dienstuniform vor Flugzeugen und in Hotelzimmern. Die Veröffentlichung der Bilder stand in direktem Zusammenhang mit seiner Berufstätigkeit. Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitnehmer außerordentlich. Der Pilot wehrte sich gegen die Kündigung und erhob Kündigungsschutzklage.
In erster Instanz entschied das Arbeitsgericht Leipzig, dass die Kündigung unwirksam sei, weil es vor Kündigungsausspruch einer Abmahnung bedurft hätte. Der Arbeitgeber legte gegen die Entscheidung Berufung ein und hatte Erfolg. Das LAG entschied, dass die außerordentliche Kündigung im vorliegenden Fall wirksam war.
2. Fristlose Kündigung wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts
Nach § 626 Absatz 1 BGB kann ein Arbeitsverhältnis von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund fristlos gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, die es dem Kündigenden unzumutbar machen, das Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der Kündigungsfrist fortzusetzen. Ob ein solch dringendes Beendigungsinteresse gegeben ist, muss anhand einer Interessenabwägung im Einzelfall gesondert entschieden werden.
Die Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nach Art. 2 Absatz 1 GG i.V.m. Art. 1 Absatz 1 GG kann ein dringendes Beendigungsinteresse darstellen.
Das Anfertigen von Fotos gegen den Willen einer juristischen Person in einer Sphäre, die ihrem Hausrecht unterliegt und nicht frei zugänglich ist, stellt nicht nur einen Eingriff in das Hausrecht dar, sondern auch einen Eingriff in das Unternehmenspersönlichkeitsrecht. Eingriffe in diese Sphäre durch das Anfertigen von Fotoaufnahmen müssen Arbeitgebende nicht dulden.
3. Genehmigung einer Nebentätigkeit als Influencer
Das LAG hat entschieden, dass auch eine pauschale genehmigte Nebentätigkeit als Influencer einer Kündigung nicht entgegensteht, wenn keine Genehmigung für das Posten von Beiträgen über die dienstliche Tätigkeit erteilt wurde.
Im vorliegenden Fall hatte der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer zwar eine Nebentätigkeit als Influencer gestattet, aber nicht ausdrücklich genehmigt, den fliegerischen Teil seiner Arbeit auf privaten Social Media Kanälen zu veröffentlichen und damit seinen Arbeitsplatz in der Öffentlichkeit zu zeigen.
4. Corporate Influencer – Posten im Auftrag für Arbeitgebende
Corporate Influencer sind Mitarbeitende, die für Arbeitgebende in sozialen Medien tätig werden und die Reichweite des eigenen privaten Social Media-Netzwerks nutzen, um für das eigene Unternehmen zu werben.
Sie agieren als Markenbotschafter und tragen mit ihren Beiträgen auf LinkedIn, Instragram, TikTok und Co. durch Posts zu branchenrelevanten Topics oder Fotos aus ihrem Berufsalltag dazu bei, dass neue Zielgruppen erschlossen werden und die Glaubwürdigkeit von Arbeitgebenden erhöht wird. Häufig werden sie auch eingesetzt, um für neue Recuting-Kanäle zu aktivieren.
5. Geheimhaltungspflichten von Arbeitnehmenden
Auch wenn Arbeitgebende ihren Mitarbeitenden gestattet haben, Fotos vom Arbeitsplatz zu posten, dürfen auf Fotos keinesfalls sensible Informationen zu sehen sein. Die Veröffentlichung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen durch Arbeitnehmer:innen stellt eine schwerwiegende Pflichtverletzung dar und kann eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Zu Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen zählen nicht nur Kundendaten, Geschäftsstrategien und Personalangelegenheiten, sondern auch Umsatzzahlen und andere interne betriebliche Abläufe, die nicht öffentlich bekannt sind.
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