Homeoffice ist ein fester Bestandteil der modernen Arbeitswelt und aus dem beruflichen Alltag vieler Menschen nicht mehr wegzudenken. Laut Statistischem Bundesamt arbeiteten im Jahr 2022 knapp ein Viertel aller Erwerbstätigen in Deutschland zumindest gelegentlich von zu Hause aus. Einige große Konzerne wie Amazon, Apple und Google fordern nun wieder vermehrt eine Rückkehr ins Büro. Geht das so einfach?
Achtung Spoiler: Es kommt drauf an.
Bei der Beantwortung der Frage, ob von Mitarbeitenden die Rückkehr ins Büro verlangt werden kann, ist entscheidend, unter welchen Umständen eine Tätigkeit im Homeoffice gestattet wurde. In der Regel kommen zwei Möglichkeiten in Betracht: entweder erging eine einseitige Anordnung durch den oder die Arbeitgeber:in oder man hat sich über die Einführung einvernehmlich vertraglich geeinigt. Je nach dem wie Homeoffice in das Arbeitsverhältnis „eingeführt“ wurde, gelten unterschiedliche Voraussetzungen für eine wirksame Beendigung von Homeoffice.
1. Homeoffice aufgrund einseitiger Anordnung
Haben Arbeitgebende angeordnet, dass Mitarbeitende ihre Arbeit (zeitweise) von zu Hause aus erbringen können, können sie grundsätzlich auch verlangen, dass Mitarbeitende wieder ins Büro zurückkehren. Arbeitgebende haben ein Weisungs- und Direktionsrecht nach § 106 Satz 1 GewO; hiernach können sie Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen. Das Weisungsrecht umfasst auch die Befugnis, eine einmal erteilte Anordnung mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen.
Gleiches gilt, wenn Arbeitgeber:innen das Arbeiten von zu Hause aus zwar nicht angeordnet, aber geduldet haben. Auch wenn es stillschweigend jahrelang gestattet wurde, dass Mitarbeitende ihre Arbeit von zu Hause aus erbringen können, dürfen Arbeitgebende kraft Weisungsrecht wieder eine Präsenz im Büro anordnen.
Ausübung des Weisungsrechts von Arbeitgebenden nur nach billigem Ermessen
Das Weisungsrecht von Arbeitgeber:innen nach § 106 GewO ist allerdings nicht grenzenlos. Bei der Ausübung des Direktionsrechts müssen stets die Grenzen des billigen Ermessens gewahrt werden. Dies bedeutet, dass anhand einer Abwägung der Interessen von Arbeitgebenden und Mitarbeitenden entschieden werden muss, ob eine Weisung im Einzelfall verhältnismäßig, zumutbar und nicht unbillig ist. Bei der Abwägung sind auch persönliche und soziale Lebensumstände von Arbeitnehmer:innen zu berücksichtigen.
Unter Umständen kann daher eine Beendigung des Homeoffice von heute auf morgen für Mitarbeitende unbillig sein, wenn diese z. B. wegen einer Kinderbetreuungspflicht oder aufgrund einer weiten Entfernung ihres Wohnortes zur Betriebsstätte auf Homeoffice angewiesen sind und Arbeitgebende keine wichtigen Gründe für die Notwendigkeit der Rückkehr ins Büro vortragen können (vgl. LAG Rheinland-Pfalz vom 17.12.2014 – 4 Sa 404/14).
Eine Anordung von zeitlich begrenztem Homeoffice durch Arbeitgebende war vor allem während Pandemiezeiten gängige Praxis. Eine solche einseitige Bestimmung ist jedoch – zumindest wenn diese einen nicht nur vorübergehenden Zustand regelt – sehr kritisch zu sehen und mittlerweile auch nicht mehr üblich. Typischerweise erfolgt eine Homeoffice-Tätigkeit aufgrund einer getroffenen Zusatzvereinbarung.
2. Homeoffice aufgrund vertraglicher (Zusatz-)Vereinbarung
Haben Arbeitgeber:innen und Arbeitnehmer:innen im Arbeitsvertrag oder in einer Zusatzvereinbarung vertraglich vereinbart, dass die Arbeitsleistung von zu Hause aus erbracht werden kann, ist eine Änderung dieser Abmachung grundsätzlich nur in beidseitigem Einverständnis möglich. Arbeitgebende können solche Regelungen – ebenso wie Arbeitnehmende – nicht einseitig widerrufen.
Kündigung der Zusatzvereinbarung
Ist im Arbeitsvertrag oder in einer Zusatzvereinbarung jedoch ausdrücklich ein Recht zur Kündigung des Homeoffice vereinbart, ist eine einseitige Beendigung grundsätzlich möglich. Dass eine solche separate Kündigungsmöglichkeit des Homeoffice zulässig sein kann, hat das LAG Hamm entschieden (LAG Hamm, Urteil vom 16.03.2023 – 18 Sa 832/22).
Entscheidung des LAG Hamm: Zulässigkeit der Kündigung einer Homeoffice-Zusatzvereinbarung
In seiner Entscheidung hat das Gericht festgehalten, dass eine Kündigung einer Homeoffice-Vereinbarung als sogenannte Teilkündigung einer einzelnen arbeitsvertraglichen Vereinbarung grundsätzlich wirksam ist und nicht per se eine unangemessene Benachteiligung des jeweiligen Vertragspartners nach § 307 Absatz 1 Satz 1 BGB darstellt. Ein Kündigungsvorbehalt verstoße mithin auch nicht gegen das Transparenzgebot und stelle auch keine Umgehung kündigungsschutzrechtlicher Vorschriften dar.
Laut LAG Hamm handelt es sich bei einer Vereinbarung, dass Arbeitnehmer:innen ihre Arbeit von zu Hause aus erbringen können, lediglich um eine Erfüllungsmodalität, die zwischen den Parteien ausgestaltet werden kann und nicht um eine Hauptleistungspflicht der Mitarbeitenden. Da die Hauptleistungspflicht von einer Kündigung der Homeoffice-Vereinbarung unberührt bleibt, bleibt das ursprüngliche Äquivalenzgefüge des Arbeitsverhältnisses bestehen. Der Ort der Arbeitsleistung untersteht keinem besonderen Kündigungsschutz.
Achtung: nicht jeder Kündigungsvorbehalt ist wirksam
Nach dem Urteil des LAG Hamm könnte man annehmen, dass eine Vereinbarung einer Teilkündigung einer Homeoffice-Vereinbarung stets zulässig ist. Dem ist nicht so. Ob ein Kündigungsvorbehalt wirksam ist oder nicht, entscheidet sich aufgrund der konkreten Ausgestaltung der Klausel. Eine Vorschrift, die Arbeitgeber:innen die Möglichkeit einräumt, grundlos und ohne Rücksicht auf die Interessen der Arbeitnehmer:innen die Rückkehr ins Büro einzufordern, könnte eine unangemessene Benachteiligung darstellen und unwirksam sein.
3. Kein Kündigungsrecht vereinbart?
Ist weder im Arbeitsvertrag noch in einer Zusatzvereinbarung das Kündigungsrecht einer Homeoffice-Regelung wirksam vereinbart, können Arbeitgeber:innen bei einer Weigerung der Rückkehr von Arbeitnehmer:innen ins Büro lediglich eine Änderungskündigung aussprechen. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass sie darlegen, dass zwingende Gründe für die Rückkehr ins Büro bestehen, die die zu berücksichtigen Interessen der Arbeitnehmer:innen überwiegen.
Eine wirksame Änderungskündigung führt dazu, dass ein Arbeitsverhältnis beendet wird, wenn Mitarbeitende der angebotenen Änderung der Arbeitsbedingungen nicht zustimmen.
4. Gleichbehandlungsgrundsatz beachten
Fordern Arbeitgeber:innen nur von einem Teil der Belegschaft die Rückkehr ins Büro, kann dies für die hiervon betroffenen Arbeitnehmer:innen unter Umständen ein Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz darstellen und damit unwirksam sein. Eine unterschiedliche Behandlung bestimmter Gruppen der Belegschaft ist nur unter gewissen Umständen zulässig.
Behandeln Arbeitgeber:innen ihre Mitarbeitenden nicht gleich, muss diese Ungleichbehandlung stets durch sachliche Gründe gerechtfertigt sein. Erfolgt sie willkürlich und können Arbeitgeber:innen keine Gründe vortragen, weshalb es erforderlich ist, dass nur manche Arbeitnehmer:innen vor Ort arbeiten , ist die Ungleichbehandlung unzulässig und betroffene Arbeitnehmer:innen können möglicherweise einen Anspruch auf Homeoffice durchsetzen.
Haben Sie Fragen?
Homeoffice oder Remote-Work bzw. mobile Arbeit werfen bei Arbeitgeber:innen und HR-Teams immer wieder Fragen der praktischen Umsetzung auf. Bei der Einführung und Umsetzung solcher New-Work Arbeitsweisen gibt es einige juristische Besonderheiten zu beachten. Nicht nur zwingende arbeitsrechtliche Vorschriften müssen eingehalten werden – auch Vorgaben des Datenschutzes sind zu beachten.
Das Team von Kanzlei wuesthoff. ist auf Arbeitsrecht spezialisiert und berät seit über 30 Jahren zu sämtlichen arbeitsrechtlichen Fragestellungen. Profitieren Sie von unserer Expertise und kontaktieren Sie Uns. Sie erreichen uns telefonisch unter 0621-417131 oder via E-Mail unter kontakt@kanzlei-wuesthoff.de. Wir freuen uns darauf, Ihnen weiterzuhelfen.